Gastbeitrag von Julia Köhn und Eric Heinen-Konschak; GIZ

Zwischen Plan und Pragmatismus – Effectuation in den bürokratischen Realitäten der Entwicklungszusammenarbeit

Wie lässt sich unter großer Unsicherheit handeln, wenn gleichzeitig präzise Planungsvorgaben herrschen? Dieser Frage geht eine aktuelle Case Study nach, die sich mit Projekten der internationalen Entwicklungszusammenarbeit – beauftragt von öffentlichen Institutionen – befasst. Die Ausgangslage: Ein komplexes System, in dem wirtschaftliche und wirkungsvolle Mittelverwendung große Wichtigkeit hat, verlangt Planungssicherheit, während die Realität von Entwicklungsprojekten, die sich häufig in fragilen Kontexten abspielen, oft alles andere als vorhersehbar ist.

Planbarkeit als Grundannahme

Zum Hintergrund: In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden mit öffentlichen Mitteln mehrjährige Projekte umgesetzt. Öffentliche Gelder sollen natürlich sinnvoll und wirtschaftlich eingesetzt werden. Dazu wird schon immer die Wirkung der Projekte gemessen. In den letzten Jahren gibt es aber zusätzlich immer kleinteiligere Zielvorgaben, und die Aktivitäten müssen detailliert beschrieben werden. Die grundlegende Hypothese der beauftragenden und überprüfenden Einheiten ist meist: Entwicklungsprojekte sind detailliert planbar.

Effectuation als gelebte Praxis

In einer Interviewserie mit erfahrenen Projektleiter:innen zeigt sich, dass die Hypothese selten stimmt. In der Regel sind die Situationen vor Ort nicht so stabil. Deswegen arbeiten viele Projektleiter:innen längst nach Effectuation-Prinzipien – oft intuitiv und trotz struktureller Hürden. Sie agieren mit vorhandenen Mitteln, nutzen Zufälle, streben ein anpassbares Risikomanagement an, halten die Zieldefinitionen so flexibel wie möglich, nutzen gezielt sich ergebende Partnerschaften und investieren zuerst vorsichtig in kleinen Schritten – ganz im Sinne des Effectuation-Prinzips „leistbarer Verlust“.

Mutige Wege brauchen Freiräume

Besonders spannend: In kleinen, zeitlich befristeten Projekten entstehen Freiräume für mutige Wege – hier zeigt sich, wie viel Potenzial in der bewussten Anwendung von Effectuation stecken könnte. Gleichzeitig wird deutlich, dass starre interne Prozesse, fehlende Anreize und Kontrollkulturen dem entgegenstehen.

Fazit: Gestaltung trotz Planung

Unser Zwischenfazit: Effectuation ist kein Fremdkörper, sondern vielfach bereits gelebte Praxis – wenn auch oft im Verborgenen. Gerade erfahrene Projektleiter:innen setzen alles daran, ihren eigenen Gestaltungsraum so groß wie möglich zu machen – für maximale Wirkung der eingesetzten Mittel und oft entgegen der klassischen Planungsphilosophie.

Die Interviews liefern wertvolle Hinweise, wie ein institutioneller Kulturwandel gelingen könnte.

Neugierig geworden?

In den kommenden Monaten wollen wir gemeinsam mit Projektmanager:innen experimentieren, erproben und diskutieren: Wie kann Effectuation systematisch in Projekte integriert werden?

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